Entstehung: | Auftragswerk zur Fünfzigjahrfeier der Universität Hamburg |
Besetzung: | 3*:3*:3*:3* 4:3:4:1 Perc Hf(2) Str |
Aufführungsdauer: | 40 min. |
Uraufführung: | Mai 1969: Philharmonisches Staatsorchester Hamburg, Ltg.: Wolfgang Sawallisch |
1. Genesis - 2. Threnos - 5. Magog - 3. Enkomion - 4. Dialog - 5. Magog
Ab den ersten veröffentlichten Kompositionen (op. 1b »Ein indisches Märchen« zu Paul Klees »Das Tor zum verlassenen Garten«) spielen musikalische Reflexionen auf Werke der bildenden Kunst eine zentrale Rolle im Schaffen von Walter Steffens. Die erste Oper »Eli« (1967) setzt sich in Texten von Nelly Sachs mit den Traumata von Shoah-Überlebenden auseinander, und die Drei Gesänge op. 10 sind Gedichtvertonungen von Autoren des 20. Jahrhunderts nach antiken Vorlagen.
Diese drei Dimensionen beschreiben den Kontext von »Pintura del Mundo«:
»Genesis« ist zum einen das Thema der Außentafel des Triptychons von Hieronymus Bosch (dargestellt ist die Trennung von Wasser und Land und die Erschaffung der Pflanzen in einer durchsichtigen Kosmos-Kugel) als auch das Thema der linken Schautafel (die Erschaffung Evas). Nach Monika Fink (Musik nach Bildern, s.u.) bezieht sich Steffens Komposition aber auf die mittlere Tafel des Triptychons, den eigentlichen »Garten der Lüste«.
»Threnos« (Text: Ezra Pound) und »Magog« (Text: Manfred Peter Hein) sind die Titel von zwei der Drei Gesänge op. 10 - hier begegnen sie wieder als Klagegesang und als der apokalyptische Verbündete Satans (Offb 20, 7 ff.). Es ist kaum vorstellbar, dass Steffens bei der Komposition dieser Sätze die linke oder mittlere Schautafel im Blick hatte - der Blick schweift nach rechts zur »Musikalischen Hölle« mit ihren Folter- und Gewaltszenen unter Nutzung von Musikinstrumenten.
»Enkomion« (Lobgesang) und »Dialog« beziehen sich nochmals auf die eher harmonischen Bilder der Schöpfung und des fröhlich-lustvollen Reigens im Garten, doch am Ende steht eine Wiederholung von »Magog«.
Steffens verzichtet in seiner Komposition auf eine illustrative Ausdeutung der Bildvorlage und lässt sich durch die extremen Gegensätze der Vision von Hieronymus Bosch anregen. Mit überwiegend tonal gebundener Tonsprache, gelegentlichen aleatorischen Abschnitten und differenzierter Instrumentierung schafft er ein atmospärisch dichtes Werk von großer emphatischer Breite.
Ausschnitte aus »Pintura del Mundo« finden sich neben seinen bekannteren Werken »Guernica« und der Orgelsymphonie »Le Cantique des Cantiques« auf einer CD, die Walter Steffens Kompositionen zu Gemälden vorstellt.
Mit dem Thema »Schöpfung« hat sich W.Steffens wiederholt auseinandergesetzt - z.B. in der von den »Spielstrategien« op. 37 ausgehenden Werkgruppe, in »Genesis II« op. 46 sowie in der noch nicht abgeschlossenen Komposition »Im Anfang« op. 83.
Wiesbaden: Breitkopf & Härtel (Aufführungsmaterial, Studienpartitur in zwei Bänden): www.breitkopf.com
Mir ist nur eine Teilaufnahme des Orchesterkonzerts bekannt:
auf der CD »Walter Steffens - Guernica and Other Paintings« LAB 7084 (www.laborrecords.com)
4. Dialog (11:07)
5. Magog (7:25)
andere bibliophone Werke von Walter Steffens:
Eintrag »Steffens, Prof. Walter« beim Deutschen Komponistenverband (www.komponistenlexikon.de)
Art. »Walter Steffens (Komponist)« auf de. wikipedia.org
Homepage des Komponisten (Texte: Christine Longère): www.walter-steffens.de
Rezension von "R.T.B." zu »Pintura del Mundo« in "music & letters" LI/2, 216 f. (ml.oxfordjournals.org)
Art. »Hieronymus Bosch Triptychen« auf de.wikipedia.org